Geothermie Wärmerohre
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Wärmewende

Hier stellen wir kompakt dar, welche Akteure und Projekte in der Hauptstadtregion die Wärmewende vorantreiben, an welche Ansprechpartner Sie sich wenden können und welche Studien es zu diesem Thema gibt.

Der Begriff Wärmewende bezeichnet die Transformation der derzeit fossil dominierten Wärmeversorgung von Gebäuden und der Industrie hin zu einer klimaneutralen, möglichst CO2-freien Wärmeversorgung. Hier ist große Dringlichkeit geboten, denn der Wärmesektor ist derzeit für mehr als 50% des gesamten deutschen Endenergieverbrauchs und etwa 30% des deutschen CO2-Ausstoßes verantwortlich. Derzeit wird ein Großteil der Wärmeenergie durch den Einsatz fossiler Brennstoffe wie Erdgas und Öl erzeugt. Für die Transformation des Wärmesektors gibt es verschiedene technische Ansätze. Viele der Lösungen sind seit langer Zeit erprobt und müssen nun in die großflächige Anwendung kommen, etwa die Nutzung von GeothermieSolarthermieAbwärme und Wärmepumpen. Andere werden noch optimiert und weiterentwickelt, z.B. thermische SpeicherGroßwärmepumpen für industrielle Prozesse oder der Ersatz von Erdgas durch Wasserstoff.

Wärmepumpe CoBra

Was wird erprobt?

Aktuell testet das in Cottbus ansässige DLR-Institut für CO2-arme Industrieprozesse den Prototyp einer speziellen Hochtemperatur-Wärmepumpe. Die Pilotanlage „CoBra“ kann Wärme und Kälte für Industrieprozesse im Demonstrationsmaßstab bereitstellen. Der Name CoBra leitet sich aus Cottbus, dem Standort der Anlage, und dem thermodynamischen Brayton-Prozess ab, der beim Betrieb eine zentrale Rolle spielt. Als Wärmeträger-Medium kommt getrocknete Luft zum Einsatz. Damit können bisher weltweit einmalige Werte beim Temperaturhub und der Wärmesenken-Temperatur von 300 Grad Celsius bei einer Wärmeleistung von etwa 250 Kilowatt erreicht werden.

In verschiedenen Brandenburger Kommunen und in Berlin wird die Nutzung von Erdwärme für die Wärmeversorgung vorangetrieben: Die Stadtwerke Neuruppin erhielten im Frühjahr 2023 10 Mio. € Bundesförderung für ein Geothermie-Projekt, das Erdwärme aus einer Tiefe von bis zu 1.800 Metern für die kommunale Wärmeversorgung nutzen will. In Potsdam wurden in einem Neubau-Areal im Stadtgebiet über mehrere Monate zwei Bohrlöcher bis zu einer Tiefe von 2000 Metern gebohrt. Im Juni 2023 wurden die Arbeiten abgeschlossen und die ersten Tests ergaben, dass das geothermische Potenzial dort doppelt so groß ist wie erhofft. Über 4 MW thermische Leistung wird dann nicht nur für das neu entstehende Wohnquartier zur Verfügung stehen, sondern von den Stadtwerken Potsdam auch ins Fernwärmenetz eingespeist werden können. Weitere Bohrungen sollen folgen. In Groß Schönebeck, Teil der Gemeinde Schorfheide, soll ein weiteres Demonstrationsprojekt umgesetzt werden: die Gemeinde arbeitet dort mit dem GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam zusammen, um Geothermie für das Fernwärmenetz zu erschließen. Zudem wird dort ein neues, innovatives Leitungssystem getestet, das deutlich kostengünstiger und baulich flexibler als die bisherigen Fernwärmeleitungen ist. In Berlin-Adlershof wiederum will der Energieversorger BTB in einem deutschlandweit bislang einzigartigen Projekt künftig klimaschonende Fernwärme durch einen saisonalen Tiefenspeicher gewinnen. Erkundungsbohrungen des GFZ hatten die dafür notwendigen tiefen salzhaltigen Grundwasserleiter (Aquifere) auf dem Adlershofer Gelände ausfindig gemacht.

Geothermie Brandenburg
Bohranlage für tiefe Geothermie
Geothermieprojekt Stadtwerke Potsdam
Fernwärmetrasse Brandenburg adH

Die Nutzung von Abwärme und Einspeisung in das Wärmenetz ist eine weitere Möglichkeit, den fossilen Anteil an der Wärmeerzeugung zu reduzieren. Die Stadtwerke Brandenburg an der Havel möchten ihr gasbetriebenes Heizkraftwerk und zwei BHKWs ersetzen, indem sie die Abwärme einer Müllverwertungsanlage in Premnitz über eine 20 km lange Leitung nach Brandenburg a. d. H. transportieren. Mit der Abwärme lassen sich mehr als 12.000 Haushalte mit Wärme und Warmwasser versorgen. Das Projekt wird über das Land gefördert, derzeit wird die Trasse verlegt. In Finsterwalde wiederum soll die Abwärme aus einer Elektrolyseanlage der Firma East Energy in das Fernwärmenetz der Stadt eingespeist werden. Bis zu 35.000 MWh Prozesswärme können so genutzt werden.

Was gibt es schon?

Mit dem im August 2023 vom Brandenburger Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie offiziell vorgestellten Wärmekataster liegt ein Instrument vor, das erstmals eine flächendeckende Bestands- und Potenzialanalyse des Brandenburger Wärmesektors bietet und Informationen zu Gebäuden wie Wärmebedarf, Gebäudetyp, Lage, Alter, genutzter Energieträger und Netzanschlusssituation, zu Gas- und Fernwärmenetzen sowie zu potenziellen erneuerbaren Wärmequellen für ganz Brandenburg enthält. Es liefert einen Grundstein für die kommunale Wärmeplanung im Land.

Im brandenburgischen Nechlin hat ENERTRAG in 2021 den weltweit ersten Windwärmespeicher in Betrieb genommen und die ideale Nutzungsform für „Abregelstrom“ gefunden: Das benachbarte Windfeld liefert an besonders windigen Tagen den erneuerbaren Strom, der nicht in das Stromnetz eingespeist werden kann, über eine Direktleitung zum Windwärmespeicher. In dieser Power-to-Heat Anlage erwärmen Heizstäbe wie in einem Durchlauferhitzer rund eine Million Liter Wasser auf bis zu 93 Grad Celsius, das dann bedarfsgerecht in das örtliche Nahwärmenetz abgegeben wird. Auf diese Weise kann der jährliche Heizbedarf von 35 Häusern in Höhe von 700 MWh mit nur einem Prozent der Stromerzeugung aus dem Windfeld abgedeckt werden.

In einem Wohnquartier in Berlin-Tegel wird der Hochtemperatur-Stahlspeicher des Start-ups LUMENION mit rund 2,5 Megawattstunden im kommerziellen Einsatz erprobt und in den regelmäßigen Betrieb überführt. Dazu wird der Speicher mit einem bestehenden gasbetriebenen Blockheizkraftwerk (BHKW) der Vattenfall Energy Solutions GmbH in die Quartierstrom- und Nahwärmeversorgung des Gewobag-Wohnquartiers integriert. Der Speicher wird temporär nicht benötigte Stromspitzen aufnehmen und später bei Bedarf in die Wärmeversorgung einspeisen. Dank seiner Robustheit und Dichte kann er sehr hohe Temperaturen speichern und ein hohes Temperaturgefälle erzielen. Dadurch beträgt der Gesamtwirkungsgrad bei Wärme bis zu 95%. Die Stahlspeicher von LUMENION können nicht nur in Wohnquartieren eingesetzt werden, sondern auch Wärme für industrielle Prozesse speichern und freigeben. Dieser Prozess wird derzeit im schleswig-holsteinischen Heide in der Lebensmittelindustrie getestet.

Skizze Windwärmespeicher Nechlin
Schema Windwärmespeicher Nechlin

Ansprechpartner

Cluster Energietechnik | Wir stehen Ihnen gerne bei der Suche nach Projektpartnern in Berlin und Brandenburg zur Verfügung. Auf unserer Seite finden Sie auch Informationen zu Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten

Energieagentur Brandenburg | Energieagentur, Fördermittelberatung und Projektbegleitung in Brandenburg

Berliner Energieagentur | Energieagentur, Fördermittelberatung und Projektbegleitung in Berlin

Beratungsstelle Klimagerechte Kommune (BSKK) | Beratung und fachlicher Austausch für die Brandenburger Kommunen, Sanierungsmanager:innen, Wohnungs- und Versorgungsunternehmen

GeoEnergie Allianz Berlin-Brandenburg GEB² | GeoForschungsZentrum GFZ, die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG treiben die Geoenergie voran – durch Forschungs- und Demonstrationsprojekte sowie Nachwuchsförderung

Kompetenzzentrum Kommunale Wärmewende (KWW) | bundesweiter Ansprechpartner für Kommunen, die Unterstützung bei der Kommunalen Wärmeplanung benötigen

Plattform Grüne Fernwärme | unterstützt Kommunen dabei die Wärmewende aktiv mitzugestalten

Euroheat & Power | internationales Netzwerk für Fernwärme zur Förderung nachhaltiger Wärme und Kälte in Europa und darüber hinaus

 

Förderung und Finanzierung

In zunehmender Frequenz werden durch die EU, den Bund oder die Länder Förderungen zur Verfügung gestellt, die Investitionen erleichtern und anschieben sollen. Aktuelle Ausschreibungen finden Sie immer unter News auf der Clusterhomepage und unter FoerderNews-BB. Langfristige Programme und generelle Tipps finden Sie auf der Unterseite Förderung & Finanzierung.